Schuldnerberatung durch Pandemie nachgefragt

Caritas: „Kinder besser vor Verschuldung schützen“ – „Verschuldungsdaten kürzer speichern“

Von Kurzarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit sind aufgrund der Corona-Pandemie vermehrt Erwerbstätige betroffen. Wegfallendes Einkommen sei schon immer ein Hauptauslöser für Überschuldung gewesen, darauf macht die Schuldnerberatung im Caritasverband Südniedersachsen e.V. aufmerksam. Die anhaltende Pandemie führe weiterhin zu sinkenden Haushaltseinkommen. „Wir rechnen daher mit einer drastisch steigenden Nachfrage unserer Tätigkeit“, erklären Tina Hallemann, Thomas Pohl und Michael Seifert aus den Caritas-Schuldnerberatungen in Duderstadt und Herzberg am Harz. Insbesondere in den Dienstleistungsbereichen wie Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel hätten geringfügig Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren, beobachten die Fachleute. „Somit brachen bei vielen Arbeitnehmern und Rentnern Einnahmen weg und sie sind von der Pandemie ähnlich stark betroffen wie die zahlreichen Soloselbstständigen in der Kultur“, sagt Pohl.

„Kinder besser vor Verschuldung schützen“ fordert die Caritas-Schuldnerberatung mit (v.l.) Thomas Pohl, Tina Hallemann und Michael Seifert. | Foto: Caritas Südniedersachsen 
„Kinder besser vor Verschuldung schützen“ fordert die Caritas-Schuldnerberatung mit (v.l.) Thomas Pohl, Tina Hallemann und Michael Seifert.
| Foto: Caritas Südniedersachsen

Bestürzt sind Hallemann, Pohl und Seifert davon, dass immer häufiger auch Kinder negativ von der Überschuldungssituation ihrer Eltern betroffen sind. Ein wirksamer Ansatz, um ein gutes Aufwachsen von Kindern trotz Überschuldung der Eltern unterstützen zu können, sei die Hilfe zur Entschuldung der Eltern selbst. „Umso wichtiger ist daher ein gesetzliches Recht auf Schuldnerberatung, unabhängig von der Lebens- und Einkommenssituation der Ratsuchenden“, fordern sie deshalb.

„Ausdrücklich begrüßen wir die jüngste Reform des Insolvenzrechts, nach der es Verschuldeten nunmehr möglich ist, nach drei Jahren eine Schuldenbefreiung zu erhalten“, sagt Michael Seifert. Es seien jedoch weitere Reformen erforderlich. „Etwa sollten die Speicherfristen von Schuldendaten bei Auskunfteien deutlich verkürzt werden“, fordert Tina Hallemann. Dass bei der Schufa und anderen Auskunfteien die Schuldendaten weitere drei Jahre nach Ende des Insolvenzverfahrens gespeichert blieben, erschwere ehemalig Verschuldeten den Neuanfang. „In manchen Fällen gibt es dadurch größte Probleme, eine neue Wohnung zu finden“, betont sie. Wohnen sei aber ein Menschenrecht. Überschuldeten oder von Armut Bedrohten dürfe dieses nicht vorenthalten werden. „Wir fordern, eine Speicherfrist bei der Schufa von höchstens einem, besser einem halben Jahr“, sagt Thomas Pohl.

„Der Mensch hinter den Schulden“ – Aktionswoche der Schuldnerberatungen vom 7. bis 11. Juni

Das Motto der deutschlandweiten Aktionswoche der Schuldnerberatungen vom 7. bis 11. Juni lautet passend: „Der Mensch hinter den Schulden“. „Hinter jedem einzelnen Verschuldungsfall ist immer der Mensch zu sehen, der aufgrund von Schicksalsschlägen, Suchtproblematiken oder einfach einem zu leichtfertigen Umgang mit Geld in eine Schuldenspirale geraten ist“, erklärt Seifert. Zu den Schicksalsschlägen zählten auch Trennungen, Scheidungen und Arbeitslosigkeit. „Im Rahmen unserer sozialen Schuldnerberatung bedarf es sehr oft sowohl einer wirtschaftlichen als auch einer persönlichen, psychosozialen Stabilisierung“, berichtet Hallemann. Nur so könne letztendlich ein nachhaltiger Beratungserfolg erzielt werden.

Alle drei weisen darauf hin, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten familiäre, berufliche und psychosoziale Probleme hervorrufen können. „Genauso können diese Probleme auch die Ursachen für wirtschaftliche Probleme sein und werden daher in einer ganzheitlichen Schuldnerberatung von uns berücksichtigt“, sagen sie. Da viele Klienten der Caritas-Schuldnerberatung alleinerziehende Mütter, Geschiedene und Arbeitslosengeld-Empfangende seien, die zudem oftmals aus einem sozialschwachen Umfeld und bildungsschwachen Familien stammten, bedürfe es eines „motivierenden und gleichzeitig konsequenten“ Beratungsprozesses. „Unsere Klienten werden Schritt für Schritt zu einem eigenverantwortlichen Leben hingeführt“, versprechen die Caritas-Mitarbeitenden.

Die Aktionswoche wird getragen von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV), in der sich die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auf Bundesebene, der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung zusammengeschlossen haben.


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